Teilprojekt A: Kohärenztheorien der Erkenntnis
Projektleiter:
Prof. Dr. Wolfgang Spohn
Fachgruppe Philosophie
Universität Konstanz
Postfach 5560 D21
78434 Konstanz
Tel.: 07531/88-2503 oder -2750
Fax: 07531/88-4121
email: Wolfgang.Spohn@uni-konstanz.de(Wolfgang.Spohn@uni-konstanz.de)
Mitarbeiter:
Dr. Volker Halbach email(halbach@cis.uni-muenchen.de)
Zusammenfassung
Die Annahme, daß es genügend begründungsstiftende, ihrerseits
aber nicht begründungspflichtige Glaubensinhalte gibt, auf denen unser
gesamtes Wissen beruht, hat sich in der Erkenntnistheorie immer mehr als
problematisch herausgestellt. Daher ist in den letzten Jahren zunehmend
die sogenannte Kohärenztheorie der Erkenntnis in ihren verschiedenen
Versionen in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt, nach denen eine
Überzeugung im allgemeinen nicht dadurch gerechtfertigt wird, daß
sie auf anderen und letztlich auf nicht weiter zu begründenden
Meinungen beruht, sondern dadurch, daß sie mit dem epistemischen
Gesamtsystem einer Person in geeigneter Weise zusammenhängt. Diese
Diskussion um die allgemeine Begründungsstruktur unserer Erkenntnis
ist ersichtlich von grosser philosophischer Tragweite.
Im Projekt sollen zunächst die verschiedenen, teilweise nur in vager
Fassung vorliegenden Ansätze zu einer Kohärenztheorie der
Erkenntnis weiter ausgearbeitet und formal präzisiert werden. Sodann
sollen diese Ansätze im Hinblick auf ihre Leistungsfähigkeit zur
Lösung klassischer erkenntnistheoretischer Probleme bewertet werden.
Ziele
Im Rahmen des Projektes sollen kohärentistische Theorien der
epistemischen Rechtfertigung entwickelt und untersucht werden. Das findet
seine philosophische Relevanz in der folgenden Tatsache: Der
Fundamentalismus ist in seinen verschiedenen Erscheinungsformen gewiß
die historisch dominierende Alternative; er sah sich aber auch von jeher
schwerwiegender Kritik ausgesetzt. Daß er trotzdem seine dominierende
Rolle behielt, lag daran, daß er kaum von einer konstruktiven
Alternative ernsthaft gefährdet wurde. Diese Situation hat sich erst
mit den jüngsten Ansätzen zur Ausformulierung von
kohärentistischen Positionen zu ändern begonnen. Angesichts der
gravierenden Probleme des Fundamentalismus sind diese Ansätze
natürlich attraktiv. Sie weiter zu stärken und damit dem
Fundamentalismus eine wirklich überzeugende Alternative
gegenüberzustellen, erscheint daher als ein philosophisch sinnvolles
Ziel. Der Stärkung bedürfen sie allerdings noch; sie sind
gewiß noch nicht ausgereift und stoßen vielmehr ihrerseits auf
einige spezifische Probleme, die eine rege Diskussion ausgelöst haben
und zu denen das Projekt beitragen will.
Um das etwas genauer zu sagen: Innerhalb des Kohärentismus ergeben
sich wieder etliche wichtige Verzweigungen, die bisher nur ungenügend
systematisch erforscht sind. Diese sollen im Projekt herausgearbeitet und
verglichen werden. So liegen etwa in der Literatur sehr verschiedene
Vorschläge für eine Explikation des Kohärenzbegriffs vor.
Jeder dieser Vorschläge hat natürlich jeweils andere
Implikationen, so daß eine Verteidigung der Kohärenztheorie
entscheidend vom gewählten Konzept von Kohärenz abhängt. Einen
weiteren Verzweigungspunkt bilden die unterschiedlichen Auffassungen
darüber, welche Meta-Überzeugungen ein Subjekt haben muß,
damit es im Besitz empirischen Wissens sein kann; es handelt sich dabei um
bestimmte Korrektheitsannahmen. Die Kohärenztheorien der Erkenntnis
unterscheiden sich auch in ihrer Antwort auf die Frage, wie durch einen
kohärentistischen Ansatz erklärt werden kann, daß epistemisch
gerechtfertigte Überzeugungen in der Regel wahr sind, daß also
die Anwendung korrekter (kohärentistischer) epistemischer Standards im
Normalfall zu wahren Überzeugungen führt (`truth-conducive'
ist).
In den bisherigen Veröffentlichungen zur Kohärenztheorie der
Erkenntnis hat nur Lehrer einen größer angelegten Versuch
unternommen, eine etwas exaktere Ausarbeitung mit formalen Mitteln zu
geben. Im Projekt sollen die - wie erwähnt, teilweise erst seit kurzem
zur Verfügung stehenden - formalen Mittel eingesetzt werden, um die
grundlegenden Konzepte einer kohärentistischen Erkenntnistheorie zu
präzisieren.
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